Lisa Schütte, Dr. Katrin Kraatz, Dr. Jens Kröger
Digitalisierung aus Patientensicht
Technologie und Fortschritt haben bei Erkrankungen wie Diabetes schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Diabetes scheint prädestiniert dafür, aufzuzeigen, wie die Digitalisierung das Leben von chronisch Kranken im Alltag erleichtern kann – aber auch nicht immer.
Lisa Schütte – aus dem Leben
Montagmorgen, 6 Uhr. Mein Smartphone weckt mich mit meinem Lieblingslied. Nachdem ich den Wecker mit noch müden Augen ausgeschaltet habe, wische ich mit dem Finger nach rechts. Ich sehe meinen aktuellen Gewebezucker: 95 mg/dl (5,3 mmol/l). Als ich das Smartphone quer halte, erscheint die Gewebezuckerkurve aus der Nacht. Sie verlief ruhig, ich konnte durchschlafen. Zum Frühstück gibt es Kaffee und Obst. In meiner Pumpe ist ein Bolus-Rechner integriert, der mir hilft, die richtige Insulindosis anzupassen. In weniger als einer Minute ist das Insulin auf dem Weg in meinen Körper. Gleichzeitig reduziere ich meine Basalrate, denn ich weiß, dass ich gleich zu Fuß zur Uni muss. Bevor ich die Wohnung verlasse, werfe ich noch einen Blick auf mein Handy. Gewebezucker bei 110 mg/dl (6,1 mmol/l), Trendpfeil steigend. Perfekt für einen strammen Spaziergang. Die abgesenkte Basalrate habe ich so getaktet, dass meine normale Rate läuft, wenn ich die Uni erreiche. Während der Vorlesung vibriert es an meinem Handgelenk, auch auf meiner Smartwatch habe ich meine Gewebezuckerdaten: 180 mg/dl (10,0 mmol/l). Das Frühstück habe ich wohl etwas unterschätzt. Der Bolus-Expert hilft mir erneut, die Korrektur an das noch wirksame Insulin anzupassen. Niemand im Saal bekommt etwas davon mit, auch nicht meine Sitznachbarin. Als mein Wert zunächst noch etwas steigt, vibriert es erneut. Dieses Mal ist es eine Nachricht von meinem Partner, der einige Kilometer entfernt ist. Er fragt, ob ich gesehen habe, dass mein Wert gerade steigt. Ich hatte ihn um diese Motivationshilfe gebeten und teile meine Gewebezuckerdaten in Echtzeit mit ihm. „Korrektur ist raus, danke!“
Am Nachmittag möchte ich in die Sauna. Da es für mich eine Premiere ist, frage ich vorher in der Online-Community nach Erfahrungen: „Wie macht ihr das, wenn ihr in die Sauna geht? Halten die Sensoren? Wo lasst ihr eure Pumpen? Braucht ihr zwischendurch Insulin? Habt ihr einen Pen dabei?“ Nur wenige Minuten später entsteht eine angeregte Diskussion mit mehreren Gleichgesinnten. Einige Tipps finde ich sehr hilfreich und entscheide mich, sie, auf meine Bedürfnisse angepasst, auszuprobieren. Nach der Sauna teile ich meine Erfahrungen ebenfalls mit der Community. Es macht Spaß, den anderen von meinem kleinen Alltagserfolg zu berichten.